Interview mit Serdar Bogatekin
Hallo Serdar, danke dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Magst du dich kurz vorstellen?
Hallo, sehr gerne. Mein Name ist Serdar Bogatekin, ich bin 26 Jahre alt, ein professioneller Hip Hop Tänzer (in der Szene bekannt als „Serdar Lunatix“) und komme aus Berlin Kreuzberg.
Woher kennt man dich?
Ich bin schon länger in Berlin unter den Jugendlichen bekannt und als ich das Tanzen entdeckte und viel in Schul- und Jugenddiskos unterwegs war, hat sich das herum gesprochen und meine Bekanntheit in der Hip Hop Szene steigerte sich.
Dann habe ich angefangen Hip Hop richtig zu trainieren und es durchzuziehen mit vollem Herzen. Mein erster „Durchbruch“ kam als ich mich entschieden habe zum türkischen Supertalent zu gehen. Ich kam dort ins Finale und danach hat mich natürlich fast jeder Türke gekannt. Vor kurzem habe ich eine Werbekampagne gemacht, zusammen mit „Ecko Fresh“ und anderen deutsch-türkischen Künstlern – da hingen in ganz Deutschland Plakate mit meinem Gesicht. So etwas spricht sich herum. Es folgten Berichte über mich im Fernsehen und anderen Medien. Dann kamen große Werbekampagnen für „Coca Cola“, „Mc Donalds“, „Vodafone“, „Levis“, „E-Plus“, „Berliner Volksbank“ und als letztes für „ay yildiz“. Ich bin nicht „famegeil“, sondern möchte den Menschen meine Kunst / diese Art von Tanz und diese tolle Gemeinschaft im Hip Hop zeigen.
Was hat es mit der NAUNYN RITZE auf sich?
Das Sport-, Bildungs- und Kulturzentrum „NAUNYN RITZE“ ist ein cooler Treffpunkt in Berlin Kreuzberg und besteht schon lange – hier hingen schon mein Vater und meine Onkel ab. Hier ist der Hip Hop in Berlin Kreuzberg entstanden und es ist das Haus für Hip Hop. Hier waren die ersten „B-Boys“, die ersten Tänzer, die ersten Rapper – sie haben sich alle hier früher getroffen, sie haben hier trainiert und gejamt. Seit 2007 bin ich regelmäßig hier – mindestens dreimal die Woche- und trainiere und unterrichte unterschiedlichste Jugendliche. Ich mache das nun schon seit acht Jahren und versuche den Jugendlichen zu helfen und das Tanzen beizubringen. Ich zeige ihnen was alles dazugehört, wie die Disziplin, die Leidenschaft, die Liebe und es läuft bis jetzt ganz gut.
Was für Menschen kommen in dieses Zentrum?
Das ist das, was mich immer wieder überrascht, das Haus hat so ein Potenzial. Hier her kommen wirklich nicht nur Jugendliche mit Migrationshintergrund aus Berlin, sondern Jugendliche aus der ganzen Welt – wir haben sehr oft Touristen hier, die einfach so vorbeikommen wegen des Tanzens. Es hat sich einfach herumgesprochen, dass sich hier die Tänzer treffen, es ist Kult weil hier der Geist von früher noch richtig lebt. Es spricht sich einfach unter den Tänzern weltweit herum und wenn sie nach Berlin kommen wissen sie wo sie hingehen müssen. Es sind Deutsche, Türken, Araber, Russen, Asiaten, Amerikaner, Finnen, also es sind einfach Menschen. Beim Tanzen ist es genauso; niemand wird diskriminiert, es geht nicht darum, woher man kommt, es geht darum, dass man zusammen eine Gemeinsamkeit darstellt. Da interessiert die Nationalität niemanden. Die Leidenschaft für den Tanz bringt uns alle zusammen und das ist das Wichtigste.
Würdest du Menschen, die frisch nach Berlin gezogen sind, empfehlen hierher zu kommen um Leute zu treffen und Anschluss zu finden?
Die „NAUNYN-RITZE“ ist ein sehr soziales Haus speziell für Jugendliche und hier kann man coole Leute kennenlernen. Man kann hier auch einfach zum Chillen oder Billard oder Tischtennis spielen herkommen oder sich einfach nur mit den anderen austauschen. Man tauscht sich aus in den Bereichen Rap, Tanz, Musik, Capoeira – hier gibt es viele Aktivitäten, die man ausprobieren kann. Ich empfehle jedem der mal in Berlin ist einfach hier vorbeizuschauen. Das Wichtigste ist auch die Geschichte der NAUNYN-RITZE – hier ist Hip-Hop in Berlin Kreuzberg entstanden.
Wie kann man dieses tolle Projekt unterstützen?
Die NAUNYN-RITZE wurde früher durch den Staat gefördert, jetzt ist es privat geworden. Ab Ende diesen Jahres läuft für zwei Jahre eine komplett Sanierung, daher wird es auch für zwei Jahre geschlossen, was uns sehr traurig macht. Auf der anderen Seite sind wir aber sehr froh, weil wir danach die Räume besser nutzen können. Wir werden neue Anlagen, Böden neue Spiegel haben, da sind wir einfach geduldig und warten diese zwei Jahre ab. In dieser Zeit haben wir aber auch andere Locations wo wir trainieren können wie die „Flying Steps Academy“, diese ist allerdings kein Jugendhaus sondern eine richtige Tanzschule.
Warum interessierst du dich für Projekte gegen Diskriminierung?
Diskriminierung führt zu schlechten Sachen. Ich will nicht übertreiben aber es kann bis zum Selbstmord führen. Das haben wir schon öfter mal mitbekommen, es weiß jeder. Es liegt mir einfach am Herzen Menschen zu helfen. Mir als Hip Hop-Tänzer ist es wichtig zu zeigen dass in dieser Szene Respekt ganz großgeschrieben wird. Es ist enorm wichtig, dass man jeden Menschen respektiert, egal woher er kommt und was er ist und wie er ist. Es geht darum erstmal den Menschen zuzuhören und gut miteinander umzugehen, die Meinung anderer anzuhören und der Diskriminierung aus dem Weg gehen.
Serdar, wir bedanken uns herzlich für das nette Gespräch und wünschen dir alles Gute für deine Zukunft.
Interview vom 12.06.2015 geführt von Michael Pinteric (mp)